Wie hoffentlich alle wissen, hat Kris Notebook den Geist aufgegeben. Vollkommen von der Heimat und der spanischen Außenwelt abgeschnitten ist die größte Sorge der tapferen Blogerin die Aktualität ihres Granadablogs. So wurde ich um einen Gasteintrag in ihrer Abwesenheit gebeten, möglichst informativ, gehaltvoll und relevant soll er sein. Ich glaube, die Abreise aus Granada zum Flughafen in Malaga dürfte einige von euch tangieren.
„Ich möchte ein Ticket nach Malaga, bitte. - „Das macht 11 Euro.“ - „Danke sehr.“ Soweit die Theorie. Ein Ticket zu bekommen scheint einfach und schnell zu gehen. PUSTEKUCHEN. Vergesst dieses Gedankenexperiment ganz schnell, in Spanien läuft das alles anders. Doch der Reihe nach.
Als erfahrener Globetrotter habe ich viel Puffer in meinen Rückreiseplan eingebaut. Puffer vor der Abreise des Busses nach Malaga, Puffer fürs Umsteigen in den Flughafenbus und Puffer für alle Eventualitäten auf dem Flughafen. Großzügigen zeitlichen Puffer.
Eine halbe Stunden sollte für die obigen drei Sätze reichen, ja. Selbst, wenn ich auf dem Weg zum Fahrkartenschalter in eine Sitzblockade von rosa Pinguinen geraten sollte, hätte ich noch genügend Zeit, meinen Fahrschein zu bekommen – hätten die Spanier nicht ein grundlegendes Element des Schlange stehens vergessen: Ab und an muss es auch vorwärts gehen. Statt dessen fand ich eine rappelvolle Schalterhalle vor, wirklich rappelvoll. Und in der tat sich nichts. Neun Schalter allein für meine Busgesellschaft, und die waren dem Ansturm der potentiellen Passagiere nicht gewachsen. Eine riesengroße Stehparty. Es fehlten nur noch die Cocktails auf den Trolleykoffern. Ernsthaft, die Schlangen bewegten sich nicht, keine einzige. „Kein Problem“, sagt ich zu mir aufmunternd, „ich habe mehrfach Puffer eingebaut“, und schloss verlängert nächstbeste Schlange um ein Glied. Fünfzehn Minuten später – fünfzehn Minuten VOR der Abfahrt des Busses – habe ich kaum Fortschritte machen können und freundete mich allmählich mit dem Gedanken an, einen späteren Bus zu besteigen und dann in einer halsbrecherischen und sündhaft teueren Taxifahrt zum Flughafen zu kommen. Inzwischen habe ich den digitalen Tableaux entnommen, dass jeder Bus zur vollen Stunde abfährt. Wir saßen alle im selben Boot.
Zehn Minuten vor Abfahrt hat sich tatsächlich etwas getan, ich habe nur noch
sieben Leute vor mir. Ich habe Hoffnung. Wenn nur drei von denen plötzlich sterben, zwei wegen Drogenmissbrauchs festgenommen und ein weiterer mich freundlicherweise vorlässt, könnte ich es noch schaffen! Und dann passiert es. Auf dem Höhepunkt der Spannung, wenn alle Nerven der Passagiere blank liegen, wenn es jeder, ich wiederhole: JEDER eilig hat, weil sein Bus gleich abfährt und er noch kein Ticket hat, und scheinbar JEDER einen Flug erreichen muss, was macht da eine waschechte Spanieren, die hinter Panzerglas am Computer sitzt und all diese Schicksale in den Händen hält? Was macht diese Person, zehn Minuten vor der vollen Stunde, zu der Zeit, die über alles entscheidet, die selbst entscheidend ist, in der alle genervt, gehetzt und besonders gottesfürchtig sind? Na? Sie macht Feierabend.12.50 Uhr. Sie packt ihre Geldkassette zusammen, steht auf und geht. Es war ihr wohl zuviel, dieser ganze Trubel.
In diesem Augenblick war es totenstill vor unserem Schalter. Alle starrten der Frau mit der Macht in den Händen nur ungläubig nach. In solchen Momenten resigniert man. Hisst die weiße Fahne ob der gnadenlosen „Gelassenheit“ der Spanier. Ich überlegte, was ein Taxi nach Malaga kosten würde. Fünf Minuten vor der vollen Stunde bequemt sich ein Herr von der Gegenschicht, den leeren Platz hinter dem Panzerglas einzunehmen. Mittlerweile wusste jeder auf der anderen Seite, warum der Schalter gepanzert ist. „Und ich weiß, was Panzerglas durchdringen kann, du fauler, ignoranter, apatischer, flegmatischer Gegenschicht-Mensch“, dachte ich mir in einem Moment der Klarheit. Er wälzte sich in seinem Stuhl, aber machte keine Anstalten, mit der Arbeit zu beginnen. Alle drängelten schon.
Es ist dreizehn Uhr, der Bus sollte jetzt abfahren. Ich stehe ich immer noch hinter mehreren Menschen, die ihre Tickets nicht bekommen. Um mich herum nur nuschelndes spanisches Gemurmel. „.....mamama....“, dringt zu mir durch. Kurz darauf wieder ein „.... ma na ma....“ Plötzlich bekomme ich Hoffnung. Ich setze alles auf eine Karte. Ich verlasse die Schlange, gebe meinen kostbaren Platz auf und folge diesem einem bestimmten Gemuschel. Da steht ein Mann, und redet irgendwas. Ich glaube, die Laute kamen von ihm. Ich tippe ihn an und frage: „Malaga?“ „Si, Manama“, antwortet er, „number 12.“ „But I have no ticket“, sage ich. „Ticket on bus“, erwidert er. Ohne mich zu verabschieden wetze ich im Schweinsgalopp die Rolltreppe runter zum Busteig zwölf.
Ein Tipp noch an alle: Habt das Geld passend. Ihr erspart euch eine Blamage und werdet nicht zum Gespött des gesamten Reisebusses, wenn ihr das Geld passend habt. Glaubt mir. Die Spanier lachen sehr gerne. Und sie fassen gerne an.
Im Folgenden wurde auch mein Puffer, den ich fürs Umsteigen in Malaga und alle Un-Fälle auf dem Flughafen eingeplant hatte, an der „estación“ in Malaga durch zahlreiche verlassene Baustellen aufgebraucht. Ich kam zum meinem Gate am Flughafen, als mit dem boarding begonnen wurde.
Die Moral der Geschichte: Plant wirklich sehr, sehr viel Puffer ein. Die Spanier wissen vortrefflich, wie man ihn torpedieren kann.