...ich müsste aufpassen, dass ich nicht zu viel zuhause sitze und zu wenig unter die Leute komme. Das wäre ja schlecht, schließlich habe ich ja das - zugegebenermaßen sehr ehrgeizige - Ziel, fließend spanisch zu lernen.
Tatsächlich ist es aber nun so, dass ich eher - mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln - darum kämpfen muss, einmal etwas Zeit zu Hause zu haben, um so dringende Dinge wie diesen blog zu erledigen. Mein armer leidgeplagter Schatz kann davon wohl ein Lied singen, hört er doch immer wieder: "Sorry, ich muss leider weg, Hanna is jetzt da" oder "Oh, hallo, du, sorry, bin grad aufm Sprung, meld mich später". Ich möchte mich hier nicht etwa beschweren, im Gegenteil, ein Danke an Hanna, die mich schwer auf Trab und fern von jedweder aufkommenden Einsamkeit oder Langeweile hält. Nur fällt es mir eben schwer inmitten all des täglichen Trubels all die anderen täglichen Freuden, wie das Telefonieren mit dir Wojtek, tut mir echt leid, Aufgaben, wie das Schreiben des blogs und das Beantworten von Mails und Pflichten, wie zum Beispiel die Übersetzung des Cantar de Mio Cid zu koordinieren. Deshalb an dieser Stelle mal eine globale Entschuldigung, die mich fürderhin also von wenigstens einer Pflicht entbinden soll, dem Entschuldigen nämlich. Ein Freischein quasi.
Ha! Werdet ihr rufen, so einfach kommt sie uns nicht davon. Recht habt ihr, ich will mich natürlich auch in Zukunft bemühen wenigstens einmal pro Woche hier zu schreiben und alle Mails - irgendwann - zu beantworten (hehe, ich hoffe es gibt hier nicht allzuviele Eulenspiegelfans). Was habe ich denn nun so angestellt, diese Woche, dass ich so wenig Zeit hatte. Schwierig.
Am Montag traf ich nicht etwa Herrn Mohn, sondern Hanna, und ging mit ihr zu Bank, um unsere jeweiligen Ec-Karten abzuholen. Natürlich schwänzte ich dafür die erste Stunde. Das war nicht meine Idee, sondern ihre, ich habe sie aber zugegebenermaßen sofort begeistert aufgegriffen. Danach beeilte ich mich rechtzeitig um 13 Uhr an der Uni zu sein, um meinen zweiten Kurs zu besuchen, was ich auch gerade so schaffte, dieser fiel allerdings aus. Mist. Also wieder heim, einkaufen gehen, kochen...natürlich habe ich infolgedessen auch die abendlichen zwei Kurse geschwänzt, wo ich ja schon mal zu Hause war und so ein Busticket kostet schließlich auch was.
Ich habe geduscht, geschlafen, gechattet und gemailt, mich mit dem Erasmusamt in Deutschland herumgestritten, kurz, allerhand wichtige Dinge erledigt, und irgendwann war es 22 Uhr und es kam eine SMS von Hanna, ich solle gefälligst in die Gran Via kommen, zum supermodelos schaun, natürlich alles im Namen des Hör-Verstehens-Trainigs. Also machte ich mich auf den Weg. Aufgrund der keine Grenzen kennenden Werbeduldsamkeit der Spanier, dauert diese Sendung ewig und pünktlich zum Ende fing es natürlich kräftig an zu stürmen. Zeit genug, dass mir Tea ein schlechtes Gewissen bezüglich meiner „Lass-uns-doch- ein-Bierchen-trinken-gehen“-Verabredung mit Mario machen konnte, der sich nämlich ihr zufolge Chancen ausrechne. Um 2 Uhr dann endlich, nutzten Hanna und ich eine kurze Regenpause um uns auf den Weg zu machen. Allerdings fing es gerade als wir die halbe Strecke zwischen Tea und Javis Wohnung und meiner Wohnung zurückgelegt hatten, erst richtig an, so dass wir unter einer Markise einen 45minütigen Zwischenstop einlegen mussten. Nun, langer Rede kurzer Sinn: Um Drei war ich im Bett, um Acht klingelte der Wecker, denn am nächsten Tag war Dienst.
Nach dem üblichen Dienstag-morgen-um-10-Uhr-Englisch-Test bei meinem geschätzten Professor "wer-zu-spät-kommt-der- bleibe-bitte-draußen-und-getrunken-wird-bei-mir-auch-nich"- Barrientos bei dem natürlich auch Dinge abgefragt wurden, die ich aufgrund meiner einstufungstestbedingten Abwesenheit in der Woche zuvor nicht wissen konnte, hatte meine Laune einen einstweiligen Tiefpunkt erreicht. Allerdings schaffte Herr "jetzt-importieren-wir-aus-Amerika-nicht-nur-den-Fastfood- Scheiß-sondern-auch-noch-die-Unhöflichkeit" es wie immer, mich mit sprachlichen Leckerbissen wie "the Iberians became the most pissfull people" soweit aufzuheitern, dass ich mich hinterher der Lektüre des Cid-Epos widmen konnte ohne in schwere Depressionen zu verfallen.
Um 14.30 wollte ich mit Hanna, Tea und Javi eine Essenspause einlegen, nach fast 3 Stunden Cid hatte ich mir das verdient, da ich jedoch aus dem Comedor geworfen wurde, weil ich nichts essen sondern quasi nur zuschaun wollt, übersetzte ich weiterhin den Cid.
Leider wollte mein zweitliebster Professor in Altspanisch aber nicht über den Cid sprechen sondern von mir lieber die Sibilantenpaare des Altspanischen wissen. Ich muss an dieser Stelle mal eben etwas näher auf mein Verhältnis zu diesem Professor eingehen. In der dritten, also der ersten richtigen Stunde (die meisten Spanier kommen erst in der zweiten Woche in den Unterricht) fing alles an. Mein spanischer Nebensitzer las aus dem "libro de buen amor" vor. Wann immer ein schwieriges Wort auftauchte meinte der Professor: Kannst du vielleicht der Kris erklären, was das bedeutet? Nanu, dacht ich mir beim ersten Mal, das is aber nett. Nachdem das dann so weiter ging, fragte ich mich allerdings irgendwann: meint er es nun gut? Oder will er mir meine Unzulänglichkeiten aufzeigen? Mir quasi klarmachen, dass dies vielleicht nicht so ganz mein Kurs ist. In der zweiten Stunde dann, bat er uns, eine Zusammenfassung zum Thema mb >m zu schreiben. "Aber", sage ich, "das ist doch ein Fall von Assimilation, oder? Dazu haben wir doch schon eine ficha (Zusammenfassung) geschrieben".
Nun ja, kurze zeit später musste ICH aus dem libro de buen amor vorlesen. Ich bin der einzige ausländische Student in diesem Kurs (von 5 oder so) der vorlesen muss und ständig etwas gefragt wird. Keine Ahnung ob er mir damit zeigen will, dass er mir was zutraut oder ob er mich rausekeln will^^Wie dem auch sei, so etwas weckt natürlich sofort meinen Ehrgeiz. Jetzt werde ich den Kurs natürlich erst Recht weiterbesuchen.
Danach bin ich dann heimgefahren und habe mich sofort in den Chat gestürzt, um mit meinem Lieblingscousin, quasi aus Männersicht, humane Möglichkeiten zu finden, aus meinem „Date“ ein unmissverständliches Nicht-Date zu machen. Auf halb Elf war ich verabredet, nicht ungewöhnlich hier. Um Acht klingelt es, Hanna steht vor der Tür. Passt prima, ich habe Hunger und so beschließen wir ein Bierchen trinken zu gehen. Um Neun dann der Anruf von Mario, er sei schon fertig, ob wir uns schon früher treffen wollen. „Klar“, sage ich, „komm doch einfach im x vorbei“. Das macht er dann auch und natürlich ist da die Hanna noch da. Sie bleibt auch da, das Problem ist gelöst, zur Sicherheit noch ein oder zwei mal meinen Freund erwähnt, das sollte geklärt sein. Allerdings wird es dennoch mal wieder ziemlich spät. Zum Glück fällt die erste Stunde aus.
Am Mittwoch war außer Mitte der Woche nicht viel los. Nachdem ich mich nämlich von 11 - 18.30 an der Uni gequält hatte, unterbrochen lediglich von einer netten Kaffeepause mit Thorsten, ging ich, frech meinen letzten Kurs schwänzend, nach Hause und begab mich ohne Umweg über Los, direkt ins Bett. Ich hatte nämlich unglaubliche Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und fror außerdem erbärmlich. Dort verweilte ich, sofort in tiefen Schlaf versinkend, bis 11 Uhr. Um 11 dann, fühlte ich mich verpflichtet, aufzustehen und aller Welt oder zumindest allen im Skype Anwesenden, mein Lied zu verkünden. Auch allen in der Wohnung Anwesenden, das war allerdings nicht so fruchtbar, denn wo ich nur Kopfweh und Fieber vorweisen konnte, warf Vanessa, beschalt und mit leidender Miene, noch ein "Halsweh" auf die Waagschale, die sich promt in ihre Richtung senkte. Also ging ich wieder ins Bett und bemitleidete mich selbst.
Der Donnerstag verlief uni-technisch gesehen genau wie der Dienstag, mit der Ausnahme, dass wir keinen Test schrieben. Gedonnert hat es auch nicht. Muss sich irgendwie um eine Verwechslung gehandelt haben. Dafür waren wir abends im Kino. Nach dem unglaublich traurigen Film „Un corazón invincible“, den wir in der Woche zuvor gesehen hatten, sollte es dieses mal unbedingt eine Komödie sein. Allerdings hatten wir diese Woche bei unsrem Mädels-Kinoabend zum ersten Mal Männer dabei und gleich gings natürlich schief, die wollten nämlich „nur über ihre Leiche“ eine Komödie sehen. Wir landeten also in „La Huella“ ein sehr experimenteller Film, den Ich ziemlich gut fand und Hanna ziemlich scheiße, was für sie doppelt schlimm war, da sie auch noch salzige Popcorn essen musste^^
Am Freitag waren wir dann Tapas essen und Tee trinken und anschließend beim „intercambio lingüistico“, spanisch Tandems suchen. Die haben wir auch gefunden und mit ihnen zusammen dann gleich mal eine ausführliche, mittelalterliche Stadtführung durchs Realejo gemacht, auf spanisch natürlich, von der wir uns dann nachts um halb 12 verabschiedeten, da mein Magen das sowieso schon schwierige Verständnis beinahe unmöglich machte. Eigentlich wollten wir nur kurz ne Kleinigkeit essen, da wir aber tausend Leute trafen wurde es doch wieder sehr spät. Weshalb ich den Samstag nahezu komplett verschlief. Abends machte ich mich dann auf den weg zu Hanna, um ein bisschen zu quatschen (auch mit ihrer spanischen Mitbewohnerin) und Fernseh zu schaun. Und auf der Reeperbahn, nachts um halb Drei, nein, auf der Camina de Ronda, ist mir dann ein nackter Mann begegnet.
Nein, ich habe keine bewusstseinserweiternden Drogen genommen, da war wirklich ein nackter Mann. Als ich auf ihn zukam stand er auf und ich dacht er würde sich nun wieder anziehen. Allerdings hatte er, soweit ich das erkennen konnte, nur eine Unterhose und Schuhe. Ich laufe weiter und kurze Zeit später kommt der Mann, immer noch splitterfasernackt von hinten angelaufen, überholt mich und läuft quasi den ganzen restlichen Weg vor mir her, bis er sich dann vor dem Supermarkt meines Vertrauens zu Boden legt. Seltsam kann ich euch sagen. Wirklich seltsam.
6 Kommentare:
Herrlich geschrieben, aber eindeutig zu lang für einen post. Besser wäre es, ihn aufzusplitten, kleine Überschriften, von mir aus auch eine mit römischen Ziffern dahinter.
Achja, ich möchte Mario kennen lernen.
Ja, sorry, ich weiß. Aber meine Kreativität hat heute beim besten Willen nicht ausgereicht wieder drei posts zu schreiben. Geschweige denn sinnvolle Kategorien zu finden :-)
Da müsst ihr jetzt durch, oder auch nicht.
In Zukunft wieder kürzer.
Sodala, habs geschafft deinen Bericht zu lesen. Ich schliess mich da maradus mal an und finde auch dass er recht lang ist, aber durch deinen äusserst lesenswerten Schreibstil fesselt er trotzdem bis zum Ende.
Jedenfalls scheint es dir in Spanien kaum langweilig zu werden, immer hast was zu tun.
Und das mit Freischein und globaler Entschuldigung lass ich ja gar nicht durchgehen. Ich würde mich auch über eine Remail freuen :) Wünsche dir eine schöne Woche und stress dich nicht zu sehr.
liebe Grüße aus dem arschkalten Deutschland
PS: Wie ich im Bericht erfahren habe, nutzt du ja Skype. Könnte man bei Gelegenheit mal Nummern austauschen. Meine findest du auf meiner Webseite
Alter Paranoiker... Leider kann man dein Profil nicht einsehen. Wie kommt man denn sonst auf deine Seite?
Ups, sorry, habe dich verwechselt, Al3xF. Allerweltsname.
Allerweltsname?! Also da bist du der erste der das sagt :) Mein Profil ist nicht anschaubar, da ich keine Blog bei Google habe
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